Um’s kurz zu machen: Für mich liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte. Auf Schwedisch „lagom“, doch dazu gleich mehr.
Erst mal ein paar Worte zum Wohn-Minimalismus:
Minimalismus steht hier fürs Reduzieren. Also weg mit unnötigen Möbeln, Dekoration & Nibbes. Es heisst, sich auf das Nötigste zu reduzieren und zu beschränken. Wenn man mit all der Reduktion fertig ist, bleibt ein Wohnraum übrig, der wunderbar sauber zu halten ist, einen weder erschlägt noch erdrückt. Aber, und jetzt kommt’s: So bleibt es erst mal. Wechseln tun hier noch die saisonalen Obstsorten in der Schale und mit etwas Glück die Blumen in der Vase. Und bei der Hardcorevariante kommen nach 10 Jahren 5 neue gleiche T-Shirts in den Schrank, eben dann wenn die Vorläufer hinüber sind. All das kann man zelebrieren, im Sinne der Nachhaltigkeit astrein argumentieren, sein Geld für anderes ausgeben … aber eben auch übertreiben, und zwar auf Kosten der Gemütlichkeit und Behaglichkeit. Weniger ist manchmal eben nicht mehr, sondern schlichtweg zu wenig.
Das Gegenteil davon ist dann wohl der Maximalismus, denn wie so oft: Kein Trend ohne Gegentrend.
Es darf geklotzt und nicht gekleckert werden. Muster-, Farben- und Formenvielfalt sind plötzlich wieder erlaubt. Das Ganze in mutigen Kombinationen, barock, blingbling, morbide, individuell und bizarr – alles fein, wenn es denn glücklich macht und dem Wohlfühlen dient. Kissen, Teppiche, Felle, Pflanzen und Bilder satt. Im besten Fall erzählen alle Gegenstände eine Geschichte, viele Geschichten, sehr viele.
Glücklich sind hier alle ohne Hausstaubmilbenallergie oder einer emsigen Reinigungskraft, denn ein solcher Stil klotzt auch mit seinem großen Bedarf an Pflege. Und was auf den ersten und zweiten Blick so wunderbar voller Leben und Gemütlichkeit ist, kann ebenso schnell auch zu viel werden.
Wie hieß es ganz zu Anfang – „lagom“? Ja genau.
Das schwedische Wort heisst im Deutschen in etwa soviel wie „mäßig“. Übertragen auf unser Wohnen bedeutet es also Maß zu halten, Balance und Ausgewogenheit – eben weder völliger Verzicht, noch purer Kommerz. Im optimalen Fall gelingt eine Mischung aus Ordnung im Sinne der Reduktion, kombiniert mit persönlichen Highlights wie Erbstücken, Kunst oder Selbstgemachtem. Gemütlichkeit und Funktionalität ergänzen sich dabei und schließen sich nicht aus. Harmonisch und wohnlich, aber weder provokativ überladen, noch feige reduziert.